Eine Ode an die Freizeit
von Theresia Crone
Klasse elf. Noch zwei Jahre bis zur ersehnten Freiheit. Es ist mein erster Schultag der Oberstufe und auf den Moment, in dem ich meinen Stundenplan bekommen würde, habe ich schon lange hin gefiebert. Die Aufregung ließ mich in der vorherigen Nacht kaum zur Ruhe kommen. Endlich darf ich mich inhaltlichen Herausforderungen stellen und mich außerdem in meiner Freizeit entfalten.
Nun, nach dem Schulgottesdienst ist es soweit. Endlich sitzen alle auf ihren Plätzen und der Kaffee von heute morgen entfaltet seine Wirkung. Etwas hibbelig warte ich gespannt. – Doch der Moment kommt nie. Der Stundenplan erreicht mich per App und an Stelle von Glückshormonen überkommen mich Angstzustände.
Von nun an soll ich drei Tage in der Woche bis in den frühen Abend in der Schule sein. Für mich bedeutet das, zwei Hobbys aufgeben zu müssen. Sport und Musik müssen dem Spanisch- und Geschichtsunterricht am Nachmittag weichen. Meine Freistunden sind für Hausaufgaben und Netflix reserviert. Ja glaubt mir, die Netflixsessions wurden für mich schnell zur lebenserhaltenden Infusion.
Und die inhaltliche Herausforderung? Die kam nie. Eher hatte ich das Gefühl, man wolle uns soviel unnötige Arbeit aufdrängen wie möglich. Zum Beispiel durfte ich eine Filmanalyse über einen amerikanischen Teeniefilm schreiben – im Deutschunterricht. Mit Bezug auf „Sturm und Drang“. Kann mir jemand erklären, was eine schlechte Kopie von „Tribute von Panem“ mit einer so geistreichen Literaturepoche zu tun hat?
Meine Deutschlehrerin konnte es nicht.
Was nehme ich also aus meinem elften Schuljahr mit?
1. Müßiggang ist gesamtgesellschaftlich betrachtet ein quantitativ stark begrenztes Gut.
2. In einem frevelhaften Bildungssystem festzustecken ist auch eine akademisch geprägte inhaltliche Herausforderung.
Theresia Crone ist sechzehn Jahre alt und Schülerin der zwölften Klasse. Sie engagiert sich politisch bei „Fridays for Future“.