von Golzar Falatoon-Zadeh und Elisabeth Radke
09:33 Uhr: Das Donnern von Rotorblättern erfüllt die Luft. Ein leuchtend gelber Rettungshubschrauber (RTH) des ADAC kreist zweimal über Waldenburg, um einen geeigneten Landeplatz auszumachen. Bewohner Waldenburgs verfolgen ihn mit den Augen, während er seine Schleifen fliegt.
09:35 Uhr: Nach 7 Minuten Flugzeit wurde ein Landeplatz ausgemacht. Der RTH landet auf einer kleinen Wiese unweit des Einkaufszentrums.
09:37 Uhr: Ruhig sitzt der Pilot bei seinem Helikopter: Mario Hartmann will ihn in unbekannter Umgebung nicht unbeaufsichtigt lassen. Einige faszinierte Anwohner sammeln sich um die Maschine, auch das irritiert ihn nicht. Der Notarzt, den der Hubschrauber nach Waldenburg gebracht hat, ist schon bei der Patientin – einer rund 90-jährigen Frau, die wohl aufgrund der Hitze zusammengebrochen ist. Vor ihrem Haus steht bereits ein Rettungswagen, um sie notfalls ins Krankenhaus zu fahren. Weil jedoch ein zusätzlicher Notarzt benötigt wird, ist der RTH auch gekommen.
09:40 Uhr: Die ersten Zuschauer wagen sich näher an den Helikopter. Pilot Mario Hartmann kann die Fragen, die ihnen auf der Zunge brennen, förmlich sehen. Fliegen hat er während seiner Offiziersausbildung bei der Bundeswehr gelernt. Anschließend ist er unter anderem Einsätze im Kosovo und in Afghanistan geflogen. Außerdem hat er zu der Zeit schon mit der zivilen Luftrettung zusammengearbeitet und 1995 ist er dann hauptberuflich eingestiegen.
09:43 Uhr: Zaghaft stellen die Anwohner ihre Fragen. Ein Einsatz eines Hubschraubers ist etwas Besonderes, auch wenn es nicht die erste Landung in Waldenburg ist. Ob es heute ein typischer Einsatz für den RTH ist, lässt sich kaum sagen, da die Einsätze sehr unterschiedlich sind. Eine psychische Belastung durch seine Einsätze verspüre Pilot Mario Hartmann nicht, berichtet er. Fälle, in denen beispielsweise Kinder betroffen sind, können zwar schwer sein, aber in Nachbesprechungen kann das Team darüber reflektieren. Es falle Hartmann nicht schwer, Arbeit und Privates voneinander zu trennen.
09:45 Uhr: Die Reporterin des regionalen Fernsehens, welche für Dreharbeiten ihres Senders im Eurocopter 135 mitgeflogen ist, spricht den Piloten an: Sie hat mit den Sanitätern vereinbart, dass sie mit dem Krankenwagen zurück zum Heinrich-Braun-Klinikum fahren darf. Dort ist auch der RTH, „Christoph 46“, stationiert. Die Station wurde am 01.01.2019 in Betrieb genommen, um die Versorgung von Patienten in Westsachsen verbessern zu können – die nächste Station liegt in Leipzig. Am Standort Zwickau arbeiten 24 Crew-Mitglieder, darunter drei Piloten. Mario Hartmann ist einer davon und zudem Stationsleiter. Der Name „Christoph 46“ ist vom Heiligen Christophorus abgeleitet, dem Schutzpatron der Reisenden.
09:48 Uhr: Leitender Notfallsanitäter Frank Peschel kehrt zum RTH zurück und informiert: die Patientin kann mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren werden. Die Helikoptercrew arbeitet in einer Schicht manchmal 15,5 Stunden täglich – von 06:30 Uhr bis Sonnenuntergang. Neben der Hitze im Sommer ist das eine der negativen Aspekte am Beruf des RTH-Piloten. Dennoch macht Hartmann sein Beruf Spaß – das Fliegen ist seine Berufung.
09:50 Uhr: Die Zuschauer nehmen letzte Fotos auf und entfernen sich langsam von der Landestelle. Die Crew trifft Vorbereitungen für den Abflug und ein nun behelmter Hartmann setzt sich in den RTH.
09:52 Uhr: Mit ohrenbetäubendem Rauschen und Getöse beginnen die Rotorblätter sich zu drehen. Peschel geht noch einmal das Umfeld des Helikopters ab und steigt ebenfalls ein. Er schließt die Tür und der Rotor dreht sich noch schneller, bis er kaum mehr zu erkennen ist. Gräser werden vom Luftzug umgeblasen, Staub wirbelt umher. Abflug! Mario Hartmann und Frank Peschel kehren ins Krankenhaus zurück. Es liegt mitten in ihrem Zuständigkeitsbereich von 50 Kilometern um Zwickau. Nun stehen sie für den nächsten Einsatz bereit
An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich bei Mario Hartmann und Frank Peschel für ihre Auskünfte und die Erlaubnis, diese zu verwenden.