von Kim Philine Sousa
Hallo liebe Lesende!
So will die Mehrheit der Menschen auf der Deutschen Schülerakademie (DSA) in Waldenburg nicht begrüßt werden. Lieber wäre ihnen die Formulierung „LeserInnen“. Das geht aus unserer Umfrage zu Präferenzen bei der Nutzung gendergerechter Sprache hervor. Aber zuerst einmal: Was ist Gendern?
Der Begriff Gendern leitet sich aus dem Englischen ab und bedeutet so viel wie „vergeschlechtlichen“. Gemeint ist der Gebrauch geschlechterbewusster Sprache, die das Ziel einer Gleichberechtigung von Mann und Frau auch in Texten zum Ausdruck bringen soll. Anstelle der verkürzenden Formulierung „Leser“, bei der weibliche Leser lediglich mitgedacht sind, hieße es dementsprechend zum Beispiel „Leser*innen“ (mit dem sogenannten Gender-Sternchen), „LeserInnen“ (mit Binnen-I) oder Ähnliches. Die Möglichkeiten sind so vielfältig wie umstritten.
Das spiegelt sich auch in unserer Umfrage auf der SchülerAkademie Waldenburg wider, an der 40 Befragte teilnahmen. Das Meinungsbild könnte kontroverser nicht sein: Eine Hälfte der Befragten sieht im Gendern ein „wichtiges“ oder „sehr wichtiges“ Thema, die andere Hälfte ein „weniger wichtiges“ oder sogar „unwichtiges“ Thema. Interessanterweise befanden knapp 60% der männlichen Befragten Gendern als eher unwichtig.
Klar ist: irgendetwas muss geschehen! Aber was? Aus sprachwissenschaftlicher Sicht kann an der Thematik so einiges bemängelt werden. Zum einen ist das grammatische Geschlecht (Genus) unabhängig von dem biologischen (Sexus), da die Begriffe so auf zwei verschiedenen Ebenen betrachtet werden. Hier wird im Wesentlichen mit der Sprachlogik argumentiert. Begriffe im generischen Maskulinum können demnach – biologisch gesehen – sowohl weiblich als auch männlich sein.
Zum anderen sind Texte, die Formen wie „Leserinnen und Leser“ oder „Leser/-innen“ beinhalten, länger und schwerer zu lesen sowie zu verstehen. Bei der verbalen Kommunikation hat sich die geschlechtergerechte Sprache bisher kaum durchgesetzt, da es hier auf die Schnelligkeit und Effizienz ankommt und bislang probierte Gendertechniken für das gesprochene Wort (Sprechpausen oder Betonungen) stark in den Wortfluss eingreifen.
Ebenso wichtig ist der Aspekt der Gewöhnung: die wenigsten möchten Begriffe verändern oder gar austauschen müssen, die Sie seit Jahren verwendet haben.
Auf der anderen Seite wird aber immer wieder betont, dass Sprache die Wahrnehmung erwiesenermaßen beeinflusst und Auswirkungen darauf hat, welche Informationen sich wie im Gedächtnis verfestigen. Folglich streben manche an, nur Begriffe zu verwenden, die sowohl weibliches als auch männliches Geschlecht mit einbeziehen. So erwecken Formulierungen wie „Kosmetikerin“ andere Assoziationen als beispielsweise „Grillmeister“.
Auch wenn einige Verfechter des Systems eine grundlegende Sprachreform anstreben, kam es bislang zu keiner flächendeckenden Regulierung. Viele Institutionen weigern sich, allein der Einfachheit halber, auch den weiblichen Genus zu verwenden. Für andere ist gendergerechte Sprache allerdings mittlerweile fester Bestandteil des Berufsalltags.
Strittig ist dabei, welche Techniken sich besonders eignen. Auch auf der DSA Waldenburg ist das Meinungsbild uneinheitlich. Eine Mehrheit der Befragten (34,2 %) bevorzugen das Binnen-I. Auf Platz 2 der favorisierten Techniken ist das Ersatzwort (26,3 %). Doch auch weitere Varianten fanden Zuspruch.
Damit nicht genug: In der Redaktion gingen zahlreiche weitere Vorschläge ein, wie man geschickt gendern könne – vom „Guerilla-Gendern“, also dem abwechselden Gebrauch von generischem Femininum und Maskulinum, bis zur Einführung neuer Formen wie dem englischen „They“.
Die Intensität der Diskussion geht einigen Teilnehmenden bereits jetzt zu weit: „Mir ist das absolut egal, wie ich als Frau bezeichnet werde“, findet eine Befragte. Andere Teilnehmer und Teilnehmerinnen ergänzten, das soziale Umfeld und die Erziehung seien entscheidend für die Wahrnehmung der Realität und die somit vermittelten Rollenbilder, weniger die Grammatik. Ähnlich geht es vielen weiteren Frauen. Andere widersprechen: „In der Sprache spiegeln wir unsere Sicht auf die Welt. Frauen dürfen auch in der deutschen Sprache nicht ausgeklammert werden“.